Eine qualitative Bestandsaufnahme im Sommer 2023 durch den Chorverband der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
- Langer Atem – von Cornelia Ewald
- Positives Signal. Der frische Blick von außen auf die Probenarbeit – von Almut Stümke
- Bereichernde Impulse. Chorbesuche vor Ort – von Cornelia Ewald
- Fenster auf! Ein breites Programm erwartete die Teilnehmenden beim Chortag
- Die Chöre sind zurück. Offenes Singen und Konzert beim Chorfenster des CBO – von Matthias Alward
- Interaktion und Multiplikation. Ein Workshop und die Folgen – von Adrian Büttemeier
- Hoher Stellenwert. Zur Situation der evangelischen Chöre nach der Krise – von Tobias Brommann
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Download „Wieder da“ (2,4 MB)Langer Atem
Notfallmaßnahmen und kontinuierlicher Aufbau nach drei Jahren mit Corona-bedingten Einschränkungen
Die Projektidee „Langer Atem“ entstand in dem Wissen darum, dass es vielen Chören nicht leichtgefallen ist, die Motivation und die Geduld aufzubringen, ihr Vor-Corona-Niveau wieder anzustreben und zu erreichen. Das Konzept beinhaltete deshalb mit den Chorbesuchen, dem Chortag und dem Chorfenster drei unterschiedliche Säulen und wurde mit Fördermitteln aus Neustart Amateurmusik umgesetzt.
Die Chorbesuche durch qualifiziertes Fachpersonal sollten einzelne Chöre neu ermutigen und mit ganz praktischer Hilfestellung vor Ort stärken. Dabei wurde besonders nach Stimmbildung gefragt, um das lange ausgefallene Muskeltraining wieder aufzunehmen. Im gemeinsamen Gespräch nach den Proben war Gelegenheit, Wünsche und Bedürfnisse anzusprechen. Auch die Umfrage unter unseren Mitgliedschören bot diese Chance. Als höchst erfreulich habe ich aufgenommen, wie viele Rückmeldungen eingegangen sind und welche weiterführenden Gedanken und Ideen darin enthalten sind.
Der Chortag selbst führte in die schöne Stadt Beeskow mit der baulich und räumlich sehr ansprechenden Marienkirche, in eine aufgeschlossene Kirchengemeinde mit ihrem engagierten Kirchenmusiker. Im Angebot waren ein Offenes Singen unterschiedlicher Stilistik, ein Workshop zur Dirigiersprache, eine Notenausstellung und ein Besuch im Musikmuseum in der Burg Beeskow. Das abschließende öffentliche Konzert im Schaufensterformat gab Gelegenheit, die beteiligten Chöre nicht nur zu hören, sondern auch kennen und lieben zu lernen. Begeistert trugen sie vor, was sie erarbeitet hatten.
Viele Chöre in Berlin und Brandenburg haben es inzwischen wieder geschafft, so zu singen und zu musizieren, wie sie es sich mit ihrem Chorleiter oder ihrer Chorleiterin vorstellen. Das ist berührend, weil dem gemeinsamen Auftritt – erst recht nach drei Ausnahmejahren – eine längere anspruchsvolle und energieintensive Probenarbeit vorausgeht. Mein ganz besonderer Dank gilt den vielen engagierten Chorprotagonisten für ihre Motivation, ihre Glaubenskraft und besonders für ihren langen Atem!
Cornelia Ewald
Positives Signal
Der frische Blick von außen auf die Probenarbeit
von Almut Stümke
Am 30. Mai habe ich als Landessingwartin und zugleich als Verbandsratsmitglied des CBO (Chorverbandes der EKBO) den Chor der Klosterkirchengemeinde Cottbus und ihre Leiterin von Susanne Drogan besucht. Innerhalb der Probe übernahm ich dabei auf Wunsch von Susanne Drogan die Stimmbildung für den Chor und habe danach ein Stück aus dem Repertoire des Chores geprobt. Anschließend hat Susanne Drogan weitere Stücke aus dem Chorrepertoire geprobt.
In einem Vor- und einem längeren Nachgespräch haben wir beiden uns kollegial über Stimmbildungsmethoden und Probenmethoden ausgetauscht, da wir jeweils die andere beim Arbeiten beobachtet haben. Susanne Drogan hat es als hilfreich empfunden, sowohl mich bei der Arbeit mit dem eigenen Chor zu beobachten und neue Probenmethoden kennenzulernen, als auch von mir eine fachliche Rückmeldung zur eigenen Arbeit (Dirigat und Probenmethodik) zu erhalten.
Außerdem haben wir über die Wünsche und Bedürfnisse der Chorleiterin und über die Bedürfnisse des Chores gesprochen. Dieser Chor hat zum Glück die Corona-Krise recht gut überstanden und nach den Lockdowns sogar neue Mitglieder akquirieren können. Wie überall fehlten aber natürlich auch hier drei Jahre kontinuierlicher Arbeit an der Stimme und am Klang, das regelmäßige Auftrittstraining sowie das soziale Miteinander. Durch die geduldige und überaus engagierte Arbeit von Susanne Drogan sind die Sänger*innen dabei, sich auf all diesen Ebenen wieder auf das Vor-Corona-Niveau zuzubewegen.
Ein großes Problem sind die beengten und akustisch schwierigen Verhältnisse, in denen der Chor proben muss, da die Gemeinde keine größeren Räume zur Verfügung hat bzw. größere Umbaumaßnahmen vonnöten wären. Die festen Bänke in der Kirche machen den Kirchenraum für Chorproben ungeeignet. Während der Corona-Beschränkungen konnte der Chor in einen anderen Raum ausweichen, musste dafür aber längere Wege in Kauf nehmen. Der beengte, überakustische Probenraum der Kirchengemeinde ist eine echte Herausforderung.
Für die Chormitglieder war der Besuch eines CBO-Verbandsratsmitglieds, in diesem Fall der Landessingwartin, ein ausgesprochen positives Signal. Einerseits fühlten sich die Menschen wahrgenommen und gehört, andererseits haben sie dadurch Einblick in die überregionale Arbeit und die Angebote des CBO und der Landeskirche erhalten können. Es war ein interessanter und nachhaltiger Austausch für alle Seiten.
Bereichernde Impulse
Chorbesuche vor Ort
von Cornelia Ewald
Das Besuchen der Mitgliedschöre unseres Chorverbandes war eine ganz besondere und ganz besonders wichtige Erfahrung. Schon länger habe ich das Gefühl, dass nur im direkten Kontakt mit den Chören die Verbandsarbeit wirklich sinnvoll ausgeführt und die Chöre gestärkt werden können.
Darum folgte die Antragstellung dem Konzept, den Bedarf an Chorbesuchen zu ermitteln und gezielt dem Wunsch der Chöre und Chorleiter nach direktem Kontakt mit qualifizierten Chorleitern und Mitgliedern des CBO-Verbandsrates nachzukommen. Dabei war zu berücksichtigen, dass solche Unterstützung nicht in jedem Chor zwingend notwendig ist, vor allem bei gut ausgebildeten Chorleitern. Manch einem Chorleiter ist es vielleicht auch unangenehm, den eigenen Chor in anderen Händen zu sehen. Insofern war und ist Fingerspitzengefühl gefragt, um notwendige Absprachen zu treffen und ein für beide Seiten gewinnbringendes Arrangement zu verabreden.
Aufgrund der begrenzten Zeit, die für die Durchführung der Chorbesuche zur Verfügung stand, konnte nur ein Teil der gewünschten Termine durchgeführt werden. Als schwierig erweist sich außerdem die Tatsache, dass die Chorleiter und Kirchenmusiker aus dem Verbandsrat selbst eigene Chöre leiten und kaum freie Abend haben, um andere Chöre zu besuchen.
Erfahrungen
Die Erfahrungen aus meinen Chorbesuchen sind durchweg positiv. Die Herausforderung, sich für einen unbekannten Chor vorzubereiten, sich auf ihn einzulassen und die dort vorhandene Arbeit mit neuen Impulsen zu verknüpfen, wurde von allen als Bereicherung empfunden.
Die erhöhte Aufmerksamkeit und Spannung aller Beteiligten enthält die Chance auf qualitative hochwertige Ergebnisse. Neue Impulse wurden vor allem von ehrenamtlich Chorleitenden als sehr hilfreich empfunden und als „frischer Wind“ angenommen. Für mich als Vorsitzende des Chorverbandes haben die Einblicke in die verschiedenen Chöre den Fokus auf die Bedürfnisse und Erfordernisse neu geöffnet und bestätigt.
Übereinstimmend wurde von den Chören gewünscht:
- Die Chorbesuche sollen auf jeden Fall fortgesetzt werden, möglichst einmal im halben Jahr.
- Ganz besonders wichtig sind die neuen Impulse in der Stimmbildung.
- Es wird nach auf die Chöre zugeschnittener Literatur gefragt, die den Bedingungen inbesondere kleinerer Chöre Rechnung trägt und die auch in Chorstärke bezahlbar ist.
- Chortreffen und Chorfeste sind gewünscht und attraktiv, wenn die Literatur nicht zu schwer ist. Sie werden wahrgenommen, wenn die Protagonisten bekannt und erprobt sind. Allerdings sind gut erreichbare Orte – unter Umständen also mehrere regionale Veranstaltungen – und langfristige Vorbereitung wichtig.
- Viele kleine Probleme vor Ort schwächen besonders die ehrenamtlichen Chorleiter. So ist die Honorarfrage, auch für die Korrepetition in den Chorproben, drängend. Oft fehlen Mittel für eine angemessene Honorierung.
- Fortbildungsangebote sind für entfernt wohnende und im Neben- oder Ehrenamt tätige Chorleiter schwierig wahrzunehmen. Hier sollte noch einmal gut überlegt werden, wie sich die Angebote passender und attraktiver und besser zuschneiden lassen.
Fazit
Chorbesuche sind ein äußerst wünschenswertes Instrument zur Stärkung der Chorarbeit in den entsprechenden Verbänden. Nur der konkrete und lebendige Kontakt zu den Chorleitenden und den Singenden in Chören macht die Verbandsarbeit erfolgreich und sinnvoll. Chorsingen und Chorarbeit leben von direkter Kommunikation und dem gemeinsamen Erleben.
Besonders notwendig ist der Aufbau einer langjährigen und vertrauensvollen Beziehung zwischen den Chorleitenden und dem Verband. Die finanzielle und strukturelle Ausstattung des Chorverbandes der EKBO ist dafür allerdings nicht geeignet, da der Verband rein ehrenamtlich geführt wird.
Insofern sind die durch die Neustart-Förderung möglich gewordenen Chorbesuche ein wichtiger Baustein und Bestätigung für die Arbeit an einer strukturellen Veränderung des CBO.
Fenster auf!
Ein breites Programm erwartete die Teilnehmenden beim Chortag
am 3. Juni 2023
Der Chorverband der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (CBO) betreut rund 400 Chöre im Einzugsgebiet von Wittenberge über Berlin bis Görlitz. Mit verschiedenen Angeboten für Chorsänger und ihre Angehörigen sowie für Chorleiter und Kirchenmusiker präsentierte sich der CBO als Veranstalter an diesem Tag in Beeskow: Mitglieder des Verbandsrats gestalteten ein Offenes Singen, es fanden Führungen im Musikmuseum Beeskow statt und in einem Workshop zu Themen der Chorarbeit konnte auf hohem Niveau gelernt und mitgemacht werden.
10:30 Uhr Eröffnung des Chortages
11:00 Uhr Mitgliederversammlung des Chorverbands
12:00 Uhr Imbiss
13:00 Uhr Offenes Chorsingen
13:00 Uhr Workshop „Talking Hands – Sprache & Klang im Chor“
anschl. Führungen im Museum selbstspielender Musikinstrumente
16:00 Uhr Chorfenster
Beim „Chorfenster“ haben sich Chöre des Chorverbandes der EKBO in einem Konzert nicht nur den anderen Mitgliedschören, sondern auch der Öffentlichkeit vorgestellt. Unterschiedliche Ensembles, vom Kirchenchor über Gospelchor bis zum Männerchor, zeigten sich mit ihrer besonderen Art zu singen und zu musizieren, gaben Auskunft über ihr Chorleben und trugen natürlich aus ihrem Repertoire die schönsten Werke vor. Ein Interview mit den Chorleitenden gab zusätzlich Einblick in deren Arbeit.
- Kantorei der St. Marienkirche Beeskow, Leitung Matthias Alward
- Männerchor der St. Marienkirche Beeskow, Leitung Matthias Alward
- Gospelfriends Eisenhüttenstadt, Leitung Steffen Kraft
Auf der Verbands-Website gibt ein Video vielfältige Eindrücke des Chortages in Beeskow in Bild und Ton wieder: www.chorverband-ekbo.de
Die Chöre sind zurück
Offenes Singen und Konzert beim Chorfenster des CBO
von Matthias Alward
Nach Zeiten der Unterbrechung bot das „Chorfenster“ des Chorverbandes der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz wieder eine erste Gelegenheit nach der Corona-Pandemie, gemeinsam mit anderen Chören an einem Chortreffen teilzunehmen. Die Tatsache, dass der Chorverband mit dieser Veranstaltung nach Beeskow, also in den ländlichen Raum, gegangen ist, bot den Sängerinnen und Sängern, aber auch den zahlreichen Zuhörern die Möglichkeit, sich eingebunden zu wissen in eine große Singgemeinschaft innerhalb der Landeskirche. Dies war eine ungemein stärkende Erfahrung. Sich im Vergleich der Chöre zu sehen, aber auch überhaupt gemeinschaftlich zu singen, wurde zu einem großartigen Erlebnis für alle Teilnehmenden.
Im Offenen Singen waren unterschiedliche Chorleiterinnen und Chorleiter zu erleben – eine enorme Horizonterweiterung für die mitwirkenden Chöre. Am Offenen Singen nahmen aber auch Interessierte teil, die sonst in keinem Chor verwurzelt sind. Somit wurde dieser Programmpunkt wirklich zu einem „offenen“ Singen und hat seinen Zweck zur Freude aller erfüllt.
Im Konzert des Chorfensters boten drei ganz unterschiedliche Chöre jeweils ein 20-minütiges Programm. Eine Kantorei, ein Männerchor und ein Gospelchor interpretierten Chorsätze und Lieder unterschiedlicher Genres. Damit wurde die Bandbreite kirchlicher Chorarbeit deutlich. Die Chöre erfuhren durch diese Veranstaltung eine besondere Wahrnehmung. Nach Zeiten der Corona-Abstinenz wurde deutlich: Die Chöre sind wieder an ihrem Platz zurück. Proben macht Sinn. Menschen kommen zu ihren Auftritten. Das zeigte sich auch in Beeskow durch eine voll besetzte Kirche.
Die Interviews mit den Chorleitern über ihre Chöre und die Chorarbeit überhaupt ließen dabei die Bedeutung deutlich werden, die das Singen für die Menschen hat, und animierte, sich vielleicht einmal einem Chor anzuschließen. Gerade in der Nach-Corona-Zeit, wo viele Menschen sich neu orientieren müssen, konnte die Veranstaltung des Chorverbandes zu einer wesentlichen Wegführung werden.
Solche zusammenführenden Veranstaltungen des Chorverbandes sind wertvolle Gemeinschaftserlebnisse der Chöre. Vor allem im ländlichen Raum mit weiten Entfernungen und oft einzelkämpfenden Chorleitern und kleinen Chören sind diese Erlebnisse gewünscht und notwendig.
Die Gemeinschaft, aber auch wertvolle Gespräche konnten die Teilnehmenden beim gemeinsamen Mittag oder Kaffeetrinken erfahren. Eine fröhliche, gelöste Stimmung herrschte an diesem großen Chortag des Chorverbandes.
Der begleitende Workshop für Chorleitungen rundete den Tag ab. Gemeinsam erlebten Singende, Leitende und Interessierte einen Tag voller Gesang. Die Erlebnisse werden noch lange nachwirken.
Interaktion und Multiplikation
Ein Workshop und die Folgen
von Adrian Büttemeier
Am 3. Juni 2023 leitete ich von 13 bis 15 Uhr den Dirigierworkshop „Talking Hands – Sprache & Klang im Chor“ als Teil des Chorverbandstages der EKBO. Wie kein anderes Instrument bietet die menschliche Stimme zahllose Möglichkeiten der Gestaltung von Sprache und Klang. Welche dieser Möglichkeiten im Dirigieren wie ausgeschöpft werden können, sollte Thema des Workshops sein.
Der Workshop begann mit einer grundsätzlichen Einführung in die Theorie und Praxis der Sprachbehandlung im Dirigieren. Die Teilnehmenden erhielten einen umfassenden Überblick über verschiedene Techniken zur Artikulation und Deklamation im Dirigat. Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, jeweils unmittelbar Literaturbeispiele heranzuziehen. So hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, das Gelernte sofort anzuwenden und eigene Erfahrungen zu sammeln.
Ein zentraler Aspekt des Workshops waren die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten, die sich durch die Kombination von Sprache und Klang im Dirigieren eröffnen. Die Teilnehmenden lernten, wie sie durch gezielte Artikulation und Deklamation den musikalischen Ausdruck der Chormusik unterschiedlicher Epochen verstärken können. Sie erfuhren, wie bestimmte Worte oder Phrasierungen den Klang beeinflussen und den emotionalen Wirkungsgehalt erhöhen.
Als besonders bemerkenswert erwiesen sich die Interaktion und der Austausch zwischen den Teilnehmenden. Der Workshop bot eine wertvolle Plattform für Chorleitende verschiedener Chöre, um ihre Erfahrungen und Perspektiven miteinander zu teilen. Der offene Dialog ermöglichte es, neue Impulse zu erhalten und das eigene dirigentische Repertoire zu erweitern. Es war inspirierend zu sehen, wie jeder einzelne Teilnehmende seine individuellen Stärken und Ideen einbrachte, was zu einem regen und fruchtbaren Gedankenaustausch führte.
Die wenig aufwändige Weiterbildung der Chorleitenden ist ein äußerst wirkungsvolles und effektives Instrument, da sie durch ihre Multiplikationsfunktion einen weitreichenden Einfluss auf die Chorszene hat. Im fruchtbaren Austausch von Ideen, Methoden und künstlerischen Ansätzen lässt sich die Qualität der Chorarbeit insgesamt deutlich anheben. Chorleitende wirken als Vermittelnde, indem sie ihre Erfahrungen im Anschluss in ihren eigenen Chören umsetzen.
Dieser Effekt führt zu einer positiven Veränderung und Weiterentwicklung der Chorarbeit im Allgemeinen und trägt dazu bei, dass immer mehr Chöre von den vielfältigen Möglichkeiten durch Aus-, Fort- und Weiterbildung der Chorleitenden profitieren können. Die Bedeutung derartiger Workshops für die Chorarbeit generell kann daher nicht genug betont werden.
Hoher Stellenwert
Zur Situation der evangelischen Chöre nach der Krise
von Tobias Brommann
Die Umfrage des CBO diente dazu, ein Bild über die Situation der Chöre und die Auswirkungen der Pandemie zu bekommen. Die Fragen behandelten verschiedene Themen wie Mitgliederzahlen, Stimmung, Zuverlässigkeit, Konzertbesucher, Fördermöglichkeiten und mehr. Insgesamt haben 38 Chöre teilgenommen. Hier sind die Ergebnisse kurz zusammengefasst. Eine ausführliche Auswertung ausgewählter Fragen einschließlich der individuellen Textantworten folgt auf den anschließenden Seiten.
Allgemeines
Auf der einen Seite ist es erfreulich, dass nicht wenige Chöre auf einem guten Weg sind und sogar wieder ihre Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Zeiten vor der Pandemie erreicht haben. Auf der anderen Seite leidet knapp ein Drittel der Chöre unter den Folgen der Einschränkungen der letzten Jahre.
Der überwiegende Teil der Umfrageteilnehmer sind Erwachsenenchöre (knapp 90%), die weiteren sind Kinderchöre, ein Mädchenchor, Vorschulkindersingen und ein Gospelchor. Ihre Mitgliederzahl bewegt sich zwischen zehn und 230 Personen (Mädchenchor mit verschiedenen Gruppen). Etwa ein Drittel der Chöre hat eine Größe von ca. 30 Mitgliedern.
Veränderungen
Die interessante Frage war, wie sich die Größe des Chores verändert hat. Bedauerlicherweise haben knapp 30% der Chöre in dieser Umfrage Mitglieder verloren. Aber es gibt erfreulicherweise auch Zuwachs, ebenfalls bei gut 30% der befragten Chöre. Bei 10% ist eine Stimmlage im Chor nicht mehr singfähig.
Die musikalische Qualität hat bei den meisten Chören wieder den alten Stand erreicht, ist zum Teil sogar besser geworden. Allerdings haben immerhin ca. 28% der Chöre einen schlechteren Stand als vorher.
Bei etwa 20% der Chöre ist der Besuch der Proben unzuverlässiger geworden. Dies scheint überwiegend gesundheitliche Ursachen zu haben, aber auch die allgemeine Zuverlässigkeit scheint geringer geworden zu sein, beispielsweise durch Terminhäufungen der Mitglieder.
Erfreulich ist, dass die meisten Chöre nach wie vor bestehen. In einem Fall wurden zwei Chöre zusammengelegt. Und zwei ChorleiterInnen haben pandemiebedingt die Leitung abgegeben.
Stimmungslage
Die Stimmung in den Chören ist gut bis sehr gut. Dies betrifft die Freude am Singen, die Disziplin sowie den sozialen Zusammenhalt. Keine Antwort gab negative Entwicklungen wieder, sechs Chöre vielmehr eine Verbesserung.
Förderprogramme
Acht Chöre haben finanzielle Unterstützung beantragt. Bis auf einen Fall haben die Hilfen den gewünschten Effekt gehabt. In drei Fällen wurde die Antragsstellung als kompliziert oder sogar sehr kompliziert, in der Mehrzahl aber als einfach empfunden. Immerhin fünf Chöre haben keine Anträge gestellt, da die Förderprogramme nicht auf die Situation gepasst haben.
Bei gut 30% der Chöre hat der Besuch ihrer Konzerte abgenommen.
Sonstiges
Die individuellen Antworten zeigen, dass es für die Herausforderungen der letzten Jahre viele Ideen gab, die Chöre im Rahmen der Möglichkeiten weiter singen zu lassen und den Zusammenhalt trotz der Umstände zu fördern. Dazu zählen digitale Formate, Outdoorproben, Aufstellungsvarianten und individuelle Stimmbildung.
Auf der anderen Seite wurde häufig kritisiert, dass die Praxis in den Gemeinden uneinheitlich war und klare, zeitnahe Richtlinien vermisst wurden. In einem Fall wurde die Chorleitung in Bezug auf digitale Möglichkeiten nicht nur nicht gefördert, sondern offensichtlich sogar behindert.
Kommentar
Dass es viele Beispiele für Chöre gibt, die erfreulicherweise die Pandemiezeit gut überstanden haben, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass fast ein Drittel der befragten Chöre deutlich gelitten hat. Die Antworten unserer Umfrage decken sich mit den Ergebnissen anderer Stellen, z.B. der ChoCo-Studie der Universität Eichstätt.
Die mit der Zeit gewonnenen Erkenntnisse zur Pandemie und die damit verbundenen Regelungen waren nicht klar genug formuliert oder kommuniziert. Die fehlende Einsicht vieler Gemeinden in die Maßnahmen hätte genauer kontrolliert werden sollen. Aus mehreren Antworten lässt sich ableiten, dass es auch in anderen Bereichen eines besseren Kontaktes und klarer Kommunikationsstrukturen bedarf.
Regelrecht erschreckt hat mich der eine Hinweis, dass die Gemeinde die Arbeit auf digitaler Ebene behindert hat. Dies wirft die Frage auf, welchen Stellenwert Chorarbeit in der Kirche eigentlich hat.
Unbedingt erforderlich sind Strukturen, die über den CBO die Chöre in der EKBO dauerhaft fördern. Dazu zählt ein Coaching-Angebot, und der Kontakt zu Chören in der Fläche – gerade in den strukturschwachen Regionen – muss dringend verstetigt werden. Hierzu bedarf es einer finanziellen Ausstattung, die es ermöglicht, die personellen Notwendigkeiten abzudecken.
Ganz klar ist der hohe Stellenwert, den die Chöre bei ihren Mitgliedern haben. Dieses Potenzial muss genutzt werden zum Wohle der Gemeinden und für die Zukunft der Kirche.
Tipps
Haben Sie spezielle Literatur, neue Konzertformate, neue Probenkonzepte, Genres, Ideen etc.?
- Beides anbieten: Formate mit freiem Eintritt und Konzerte mit begündet angehobenem Eintrittspreis
- Der Chor liebt gerade Bekanntes; neue zeitgenössische Musik ist mühsam durchzusetzen, weil sie Kraft erfordert vom Chor.
- Einzelstimmtraining und Stimmproben in der Probenarbeit
- Das Interesse an der Kirche geht zurück, der Gottesdienstbesuch viel stärker als der Besuch der Chorproben.
- Ich lasse meine drei Chöre in der Gemeinde häufiger zusammen auftreten.
- Ich konnte nahtlos an die Zeit vor Corona anknüpfen, alles läuft wieder problemlos.
- Monatliches neues Gottesdienstformat, bei dem ein Chor den Gottesdienst maßgeblich gestaltet
- Lust auf Neues, größere Bereitschaft für Experimente. Zu Hause üben wird bei einigen für selbstverständlich gehalten.
- Männerstimmen manchmal zusammen gestellt
- Moderne Literatur mit einbinden
- „Corona-Singen“ auf der Straße. Ostersingen vor dem Gottesdienst.
- Abendgebet-Format mit viel Musik. Proben an anderen Orten.
- Proben über Zoom – sehr mühsam, aber möglich
Haben Sie Erfahrungen gesammelt, die Sie anderen mitteilen können, z.B. „eingerostete“ Stimmen wieder reaktivieren, Selbsthilfegruppen etc.?
- Durchhalten. Nicht verängstigen lassen. Im Gespräch bleiben. Als Vorbild die Bedeutung des Singens und der Gemeinschaft leben.
- Chorleiterin war ständig auf der Suche nach Übungen.
- Gutes Training, Einsingen durch die Chorleiterin
- Es war gut, dass wir uns um den Zusammenhalt der Gruppe bemüht haben. Auch die Proben im Sommer im Freien waren gut. Jedenfalls ist es jetzt nicht wirklich anders als vorher.
- Kleinere Gruppenstärken, große Abstände und akustisch ungünstige Probenräume haben die Sänger herausgefordert und ihre Fähigkeiten deutlich verbessert. Wenn man die positven Effekte gut kommuniziert, lässt sich so etwas auch ohne pandemischen Zwang umsetzen.
- Chorsingen ist nur sinnvoll, wenn man wirklich zusammen ist und miteinander singt.
- Mit Projekten: Wenn die Sänger:innen sich nicht für lange Zeit „verpflichten“ müssen, kommen sie eher in einen Chor.
- Stimmbildung parallel zur Chorprobe in Kleingruppen
- Unbedingt regelmäßige Proben fortsetzen. Wenn in Präsenz nicht möglich, dann verlässlich online (einzeln, Kleinstgruppen)
- Unterstützung durch Regionalkantorin
- Vertiefte Stimmbildung neben den Chorproben macht Sänger:innen fit und fördert den guten Zusammenklang. In Zeiten, da man sich nicht treffen kann (falls noch einmal), gibt es Literatur, die auch in der einzelnen Stimmgruppe vollen Genuss bringt (Bach). Kontakt halten ist wichtig, Auftritte in Aussicht stellen, Tipps für Stimmbildung zu Hause können helfen, die Stimme aktiv und gesund zu halten.
- Nach der Pandemie hatten wir ein erstes Probenwochenende außerhalb – das war ein tolles Erlebnis für alle. Da wurde uns auch klar, worauf wir eine ganze Weile lang verzichtet hatten.
Ausblick
Was wünschen Sie sich, falls eine ähnliche Situation noch einmal auftreten sollte?
- Besonnenheit
- Bessere Möglichkeit zu Online-Proben (3x)
- Dass das Singen nicht verboten wird!
- Dass die Sänger:innen dabeibleiben wie schon beim ersten Mal
- Dass wir weiter kreativ bleiben, um Lösungen zu finden
- Charakterstärke, Sachlichkeit, Vertrauen und vieles mehr
- Ich wünsche, dass meine Gemeinde meine Online-Arbeit unterstützt und nicht behindert.
- Keine Chorspaltung, keinen Ausschluss von einzelnen Chormitgliedern aus Kirche und Gesellschaft
- Klare Vorgaben seitens der Landeskirche! Zu oft wurde die Entscheidung über Maßnahmen in die Kirchenkreise und Gemeinden delegiert, die zu Entscheidungen fachlich/medizinisch nicht in der Lage und mit der Situation überfordert waren. In der Folge kam es in benachbarten Kirchengemeinden zu völlig verschiedenen Probenkonzepten.
- Konkrete Hilfe dabei, herauszufinden, welche Regeln gerade gelten
- Mehr Gelassenheit und das feste Bewusstsein, dass Chorsingen nicht untergeht, sondern zu unseren kulturellen Aktivitäten gehört und sehr lebendig ist.
- Nicht so viel (öffentlich angefeuerte) Panik und Aktionismus! (2x)
- Ruhe bewahren, Zeit lassen, keine „Hyperaktivitäten“
- Schnellere und eindeutige Vorgaben – nichts ist schlimmer, als in der eigenen Gemeinde die Chöre zu schließen, während in der Nachbarschaft fröhlich und trotzdem weitergesungen wird.
- Zentral angebotene Tipps für den Probenumgang und Ideen in „Werkstatt“-Form dazu als Angebot für Chorleiter
Chorverband
Was wünschen Sie sich vom Chorverband?
- Anregungen für gute und vom Schwierigkeitsgrad für einen normalen Kirchenchor machbare zeitgenössische bzw. populäre Musik
- Auch ohne Pandemie wäre ein Blick auf „kleine“ Chöre wünschenswert, auch mal Empfehlungen/Kompositionen für 2-stimmige Chöre und Chöre mit Bandbegleitung. Ich singe schon lange nicht mehr a cappella, das ist von den Sängern immer schwerer zu leisten und im Ergebnis frustrierend. Das heißt für uns: Wir singen immer mehr Literatur aus Gospel, Film und Pop von Verlagen aus dem Ausland. Auch im Workshop-Angebot schlägt sich das nieder – meine Sänger:innen fühlen sich nicht eingeladen …
- Dass auf meine Anfragen geantwortet wird
- Eine Klärung, wer erforderliche Maßnahmen festlegen muss/darf, wäre gut. Geht es über die Landeskirche via Kirchenkreis zur Gemeinde oder über den LKMD via Kreiskantor zum Ortskantor?
- Es ist gut so, wie es ist. Der Pop-Beauftragte könnte etwas aktiver sein.
- Ich finde den aktuellen Austausch gut. Daneben hoffe ich auf „Lobby-Arbeit“ innerhalb der kirchlichen Gremien.
- Im Vergleich zu der finanziellen Unterstützung des Bundes, die für mich ein Ausdruck von hoher Wertschätzung ist, würde ich mir für eine ähnliche Situation dies auch von der Evangelischen Kirche wünschen. Der Chorverband sollte dann über Töpfe verfügen können. Es gab viele Regelwerke und Anweisungen, die Forderung, ganz schnell digital zu agieren, aber wenig Unterstützung und auch bis jetzt keinen Dank für die Aufrechterhaltung der Arbeit und das Überleben all unserer musikalischen Gruppen.
- Unterstützung bei Bereitstellung kostenfreier Proben- und Auftrittsorte
- Weitermachen wie bisher. Danke für alle Unterstützung! (3x)